Schreiben Sie – Vergessen Sie Ihr Talent!

Seien Sie ehrlich: Die meisten Menschen, die schreiben möchten, zweifeln ob ihr Talent dafür ausreicht – Sie auch? Das ehrt Sie. Aber es bringt Sie überhaupt nicht weiter. Im Gegenteil: Selbstzweifel in Bezug auf unser Talent sind die größten Steine, die wir uns gerne – bescheiden wie wir sind – in den Weg legen.

Erstaunlich daran ist vor allem eines: Während Menschen, die schreiben möchten, offenbar Talent für die wichtigste Eigenschaft eines Schriftstellers halten, spielt bei denjenigen, die schreiben – also bei den Schriftstellern selbst – das Talent keine erwähnenswerte Rolle. Mehr noch: Es gibt kaum Romanschriftsteller, die das Talent für eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Schreiben eines Romans halten. Dabei gilt das Schreiben eines Romans als wahre Königsdisziplin. Welche Eigenschaften sollten also gerade Romanschriftsteller haben, wenn nicht Talent?

Was Sie wirklich brauchen, um erfolgreich zu schreiben

Horst Bienek hat in seinem Buch „Werkstattgespräche“ Autoren zu den wichtigsten Voraussetzungen befragt, die ein Schriftsteller haben sollte:

„Auf die Frage, welche Eigenschaften ein Romancier, überhaupt ein Schriftsteller, haben müsse, wurde vor allem eine Antwort gegeben: Fleiß. Andersch sagt: „Interesse an der menschlichen Seele. Leidenschaft zur Disposition eines Stoffes und zur Komposition eines umfangreichen Textes. Sitzfleisch.“ Und Marie Luise Kaschnitz: „Konzentration.““ (1)

Andere Autoren sprechen von Menschenkenntnis, Beobachtungsgabe, Neugier, Vorstellungskraft und Gestaltungslust.

Gestaltungswille, Beharrlichkeit, Fleiß!

Die Erfahrung zeigt: Die meisten Menschen, die den starken Wunsch haben zu schreiben, besitzen ausreichend Talent. James N. Frey, der Autor des Buches „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, meint zur Talentfrage: Fast alle, die Schriftstellerversammlungen und Schriftstellerwettbewerbe besuchten, seien in der Lage, vernünftige Sätze zu schreiben und unverbrauchte Metaphern zu finden. Viele könnten sich interessante Figuren ausdenken, schlagfertige Dialoge schreiben und tolle Geschichten erzählen – aber:

„… die meisten dieser Leute mit so viel Naturtalent werden es nicht schaffen, einen Roman zu schreiben. Warum? Weil sie das nicht haben, was wirklich erforderlich ist: Selbstdisziplin, Beharrlichkeit und absolutes Durchhaltevermögen. Talent ist höchstens hinderlich, denn wenn Sie Talent haben, nehmen Sie an, es ist leicht, einen Roman zu schreiben, und das ist es nicht, egal wie viel Talent Sie haben.“ (2)

Das bedeutet: Wenn Sie schreiben möchten, zweifeln Sie bitte niemals an Ihrem Talent. Es ist etwas dran, an dem gern zitierten Gemeinplatz:

Schreiben ist zu 10 % Inspiration und zu 90% Transpiration.

Machen Sie sich also keine Sorgen um Ihr Talent. Fragen Sie sich stattdessen lieber: Habe ich den langen Atem, um einen Roman zu schreiben? Oder entspricht mir eine andere Literaturgattung wie z.B. Lyrik oder Kurzgeschichte mehr? Bin ich eher ein Sachbuch-Typ? Oder liegt mir das journalistische Schreiben? Und: Welche Fertigkeiten, Schreibtechniken und Methoden muss ich mir aneignen, damit ich so schreiben kann, wie ich es mir wünsche?

„Kreatives Schreiben“ vermittelt Ihnen kreative Techniken genauso wie fundierte handwerkliche Grundlagen in allen Bereichen des Schreibens: Von der Belletristik über das Sachbuch, das Drehbuch für Film und Fernsehen bis hin zum journalistischen Schreiben und dem Schreiben fürs Internet.

(1) Horst Bienek: Werkstattgespräche, München 1962, Carl Hanser Verlag
(2) James N. Frey: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt, S. 191, Emons 1993

So finden Sie Ihr Thema!

Sie möchten schreiben – wissen aber nicht genau worüber? Dann warten Sie noch auf die große Eingebung? Oder Sie sind auf der Suche nach einem neuen Thema, nach einem literarisch unbeackerten Feld? Vergessen Sie’s!

Die Themen der Weltliteratur sind über die Jahrhunderte hinweg erstaunlich konstant geblieben. Das liegt daran, dass trotz veränderter Lebensweise und Lebensumstände der Mensch sich selbst erstaunlich gleich geblieben ist.

Einer der großen thematischen Dauerbrenner ist zum Beispiel „die Liebe“ in all ihren Variationen. Nun mag sich Liebe in der Zeit des Internets zwar anders äußern als zu Zeiten der reitenden Boten – doch das Thema selbst hat über Jahrhunderte hinweg nichts von seiner Zündkraft verloren. Vielleicht würde Goethe seinen Werther heute nicht als Briefroman anlegen, sondern als Chatroman. So wie der österreichische Schriftsteller Daniel Glattauer es in seiner modernen Version eines Briefromans "Gut gegen Nordwind" mit überwältigendem Erfolg getan hat. Der Roman einer E-Mail-Liebschaft wurde 2006 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Sie sehen, es geht weniger darum, thematisches Neuland zu entdecken, sondern eher darum, wie Sie Ihr Thema gestalten und in welche Form sie es gießen wollen.

Bleiben wir beim Beispiel Liebe und formulieren als Arbeitstitel das Thema: „Liebe in Zeiten des Internets“. Sie könnten daraus einen Liebesroman machen, einen Krimi oder einen Thriller. Genauso gut aber auch eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht. Sie können ein Sachbuch zum Thema schreiben oder einen Ratgeber. Sie können einen journalistischen Artikel verfassen, eine Glosse schreiben oder einen Essay. Selbst ein spannendes Drehbuch für einen Kino- oder TV-Film lässt sich daraus entwickeln. Oder ein Konzept für eine neue Comedy oder Daily Soap . Die Möglichkeiten, Ihr Thema zu gestalten, sind nahezu unbegrenzt.

Wichtig bei der Wahl des Themas ist nur eins: dass es Ihr Thema ist! Schreiben Sie nicht über ein Thema, nur weil es gerade „in“ ist, oder weil Sie der Meinung sind, dass es sich gut verkauft. Schließlich wollen Sie Autor werden und nicht Verkäufer.

Schreiben Sie über etwas, dass Sie kennen. Oder zumindest über ein Thema, für das Sie sich brennend interessieren. Wenn Sie sich nicht für Geschichte interessieren, sollten Sie keinen Mittelalter-Roman verfassen, nur weil Historien-Romane gerade gut gehen. Horchen Sie in sich hinein. Schreiben Sie über etwas, das Ihnen unter den Nägeln brennt, über das, was Ihnen am Herzen liegt. Denn was der große Rhetoriker Augustinus (354 – 430) für die mündlich vorgetragene Rede forderte, gilt auch für jede Art von Literatur: In dir muss brennen, was du im anderen entzünden willst.

Abenteuer Alltag – Ist Ihr Leben literaturfähig?

Vielleicht fragen Sie sich, ob Sie denn überhaupt etwas wirklich Wichtiges zu sagen haben? Ja, das haben Sie. Außerdem brauchen Sie kein edles Motiv für Ihr Schreiben. Sie schreiben, weil Sie schreiben wollen. So einfach ist das. Vielleicht kommt Ihnen Ihr Leben und Erleben auch zu banal und unbedeutend vor, um daraus schöpfen zu können. Vielleicht meinen Sie, nur das Sensationelle sei literaturfähig?

Mag sein, dass Ihr Alltag meist banal verläuft – oder sagen wir lieber normal. Das geht den meisten Menschen so und auch bei Schriftstellern ist es nicht anders. Es ist ein Trugschluss anzunehmen, nur das Sensationelle oder Außergewöhnliche sei literaturfähig. Nehmen Sie zum Beispiel die Romane von Wilhelm Genazino, der mit dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis – dem Georg-Büchner-Preis – ausgezeichnet wurde und damit in den Olymp deutscher Klassiker Einzug gehalten hat.
Ein Flaneur, der aus dem Alltäglichen und Banalen – den beiläufigen Beobachtungen eines Spaziergängers – seine wundersamen (meist dünnen) Romane webt. Melancholisch, leise, komisch.

Schon in Genazinos Erstlingsroman „Abschaffel“ (1) geht es um nichts anderes, als um die unerträgliche Langeweile des Lebens als Büroangestellter. Minutiös wird die Befindlichkeit eines Menschen dargestellt, dessen banaler Büroalltag das Leben ist. Der Hauptfigur bleibt nichts anderes übrig, als sich selbst zu dramatisieren. Was ist an diesem Alltag spannend? Nichts. Das Spannende an der Geschichte aber ist die Spaltung der Hauptfigur in eine öffentliche Angestelltenperson und eine geheime Privatperson. In „Mittelmäßiges Heimweh“ (2), verliert der Protagonist nahezu beiläufig ein Ohr. Hier ist es das ganz außerordentliche Ereignis, das in die Ereignislosigkeit des Alltags einbricht und die Art, wie dieser Verlust integriert wird, die den Roman grandios macht.

Da hängt ein Hemd aus der Hose (3), da geht jemand Tag für Tag ins Büro (1), da kommt jemandem beim Fußballgucken in seiner Stammkneipe ein Ohr abhanden (2), . Wunderbar!

Oder nehmen Sie den Schriftsteller Max Goldt, der mit der Beschreibung von Badezimmernormausstattungen (Klofußumpuschelungen) (4) und anderen Kuriositäten und Betrachtungen über das gewöhnliche Leben ganze Säle bei Lesungen füllt. Seine weitschweifigen Kolumnen über das Alltägliche, ja Banale, sind Kult.

(1) Wilhelm Genazino: Abschaffel (1977), Reinbek, Rowohlt (vergriffen)
(2) Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh (2007), München: Hanser
(3) Wilhelm Genazino: Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz (2004), Reinbek, Rowohlt Taschenbuch Verlag
(4) Max Goldt: Die Mitgeschleppten im Badezimmer. Aus: Max Goldt: Ä (1997), Zürich, Haffmanns Verlag

Ihr Stoff liegt auf der Straße

Haben Sie Ihr Thema, Ihre Idee gefunden, dann brauchen Sie Stoff. Sehr viel, wenn Sie einen Roman planen, – weniger, wenn Sie eine Kurzgeschichte schreiben wollen. Wie kommen Sie als Autor an Stoff?

Durch Wahrnehmen. Durch Beobachten. Durch Zuhören. Gehen Sie mit offenen Augen durch die Welt. Seien Sie neugierig wie ein Kind und kultivieren Sie Ihre Neugierde. Alles und jedes kann zum Keim für einen Roman oder Stoff für eine Geschichte werden. Ein fallendes Blatt, der Geruch nach Kokos-Sonnenöl, das Weinen eines Kindes, Dialogfetzen einer Unterhaltung am Nebentisch . Schärfen Sie Ihre Wahrnehmung, öffnen Sie Ihre Sinne – und Sie werden sich vor Stoff gar nicht mehr retten können.

Ein schönes Beispiel dafür, dass der Anstoß für eine Geschichte völlig banal sein kann und der Stoff buchstäblich auf der Straße liegt, stammt von Guy de Maupassant. Der Meister der französischen Kurzgeschichte behauptete einem Freund gegenüber, er könne über den banalsten Gegenstand eine Geschichte schreiben. Daraufhin hob der Freund einen Bindfaden auf, der auf der Straße lag.

Die Idee für Maupassants Meisternovelle „Die Schnur“ war geboren. Die Geschichte geht so: Ein sparsamer normannischer Bauer hebt am Markttag ein Stückchen Schnur vom Boden auf, weil er es irgendwann sicher noch gebrauchen kann. Am selben Tag kommt einem anderen Mann die Brieftasche abhanden. Ein Augenzeuge hat beobachtet, wie der Bauer etwas aufgehoben hat. Jedem ist klar: Der Bauer hat die Brieftasche und will sie nicht wieder herausrücken. Er beteuert seine Unschuld, er zeigt zum Beweis das Stückchen Bindfaden – umsonst, niemand glaubt ihm. Selbst als die Brieftasche von ihrem Finder abgegeben wird, bleibt der Verdacht an dem unglücklichen Bauern hängen. Tief verzweifelt legt er sich bald darauf nieder, um zu sterben. Und noch im Todeskampf beteuert er seine Unschuld: “ Ein kleines Stück Schnur .“ (1)

(1) Guy de Maupassant: Novellen, Reclam Stuttgart 1991

Entwickeln Sie Ihren persönlichen Stil

Was ist guter Stil? Es gibt eine Handvoll Regeln für den guten Schreibstil: Verwenden Sie Adjektive sparsam, vermeiden Sie Substantivierungen, setzen Sie starke Verben und bildhafte Wörter ein, suchen Sie nach unverbrauchten Metaphern (Sprachbildern). Dies alles gilt gemeinhin als guter Stil.

Dagegen kennzeichnet der inflationäre Gebrauch von schmückenden Adjektiven, der Einsatz von verbrauchten Metaphern, die häufige Verwendung von abstrakten Wörtern und Begriffen zweifellos den schlechten Stil. Diese Regeln des guten Schreibstils können Sie leicht lernen.

Schwieriger ist es jedoch, den persönlichen Stil zu entwickeln. Wie jeder Mensch eine eigene, ganz unverwechselbare Sprache hat, schreibt jeder Autor seinen eigenen Stil. Der persönliche Stil mag von Anfang an da sein, aber er ist nicht von Anfang an ausgeprägt. Nur schreibend werden Sie Ihren eigenen Stil finden und entwickeln.

Ihr individueller Stil ist Ausdruck Ihrer Persönlichkeit. Ob Sie blumig oder nüchtern schreiben, lakonisch oder pathetisch, humorvoll oder ernst, – das hängt zum großen Teil von Ihrem Temperament, von Ihren Erfahrungen, von Ihrem Empfinden und von Ihrer Weltsicht ab. Es ist wichtig, dass Sie Ihren eigenen Stil finden. Dabei kann es nützlich sein, wenn Sie sich zunächst an Ihren Schriftsteller-Idolen orientieren. Denn ein bestimmter Autor wird ja nur deshalb von Ihnen bewundert, weil sein Stil Ihnen in gewisser Weise entspricht und gefällt. Es ist eine gute Übung, einmal im Stil von . zu schreiben. Ganz einfach deshalb, weil sie die stilistischen Besonderheiten Ihres Lieblingsautors dazu erst einmal herausfinden müssen.

Analysieren Sie den Stil Ihrer Lieblingsautoren: Verwenden sie viele Adjektive oder wenige? Wie ist die Bildsprache – welche Metaphern werden benutzt? Sind die Sätze kurz oder lang? Geradeaus oder verschachtelt? Wird weitschweifig erzählt oder dicht? Wie ist die Beschaffenheit von Sprachmelodie, Rhythmus und Tempo? Wie sind die Dialoge konstruiert? Gehen Sie bei Ihren Lieblingsautoren in die Schule. Sie schärfen so Ihr eigenes Sprach- und Stilgefühl. Und wenn Sie dann das Geheimnis dieses Stils erkannt haben, vergessen Sie es wieder und schreiben Sie sorglos drauflos. Sie werden Ihren eigenen Stil schreibend finden und entwickeln.

Kreativ leben – nähren Sie Ihre Muse!

Wer schöpferisch arbeitet, muss auch dafür sorgen, dass er schöpfen kann. Wir bewegen uns zu großen Teilen unseres Lebens in Tretmühlen, die kaum Raum und Zeit zur Besinnung lassen. Wir müssen funktionieren. Wir müssen effizient sein. Wir müssen ergebnisorientiert arbeiten. Muse kommt aber nicht von müssen. Wie kann uns die Muse küssen, wenn wir nicht ab und zu müßig gehen?

Wie man die Muse anlockt, sie hält und nährt, ist Thema des amerikanischen Schriftstellers Ray Bradbury, dem Autor von Fahrenheit 451. In seinem Buch „Zen in der Kunst des Schreibens“ schreibt er darüber:

„Die, die sich am meisten bemühen, verjagen sie. Der dagegen, der ihr den Rücken zuwendet und vor sich hin pfeifend dahinschlendert, hört ihren leisen Schritt hinter sich, wie sie ihm, angelockt durch mühsam antrainierte Missachtung, folgt. “ (1)

Wer ist dieses zarte und flüchtige Geschöpf, dem man mühsam antrainierte Missachtung entgegen bringen muss, damit es kommt und bleibt. Die Muse – in der griechischen Mythologie spricht man von 9 Musen, allesamt Töchter des Zeus – ist unser Fundus, aus dem wir Neues schöpfen. Für Bradbury ist die Muse identisch mit dem Unbewussten:
„Was für alle Welt das Unbewusste, ist im kreativen Sinne für den Schriftsteller die Muse.“ Das leuchtet ein, denn woraus schöpfen wir, wenn nicht aus uns selbst? Um unsere kreativen Kräfte zu aktivieren und zu nähren bedarf es auch einer kreativen Lebensführung. Das bedeutet, wir müssen in Kontakt mit unserem Unbewussten sein.
Wir pflegen Kontakte mit Hinz und Kunz, aber für den Kontakt mit uns selbst, mit unserem inneren Künstler, fehlt uns die Zeit.

Julia Cameron empfiehlt in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“ die regelmäßige Abhaltung von Künstlertreffs. Gemeint ist damit nicht, dass wir andere Künstler zum Gedankenaustausch treffen. Gemeint ist die verbindliche Verabredung zu einem Treffen mit uns selbst.

„Ein Künstlertreff ist ein bestimmter Zeitraum, vielleicht zwei Stunden pro Woche, den Sie sich freihalten und der dazu dient Ihren inneren Künstler zu nähren. (.) Sie nehmen niemanden auf diesen Künstlertreff mit, außer sich selbst und Ihren inneren Künstler, auch bekannt als Ihr kreatives Kind. (.) Zeit mit Ihrem Künstlerkind allein zu verbringen, ist wesentlich. (.) Einen langen Spaziergang auf dem Lande, eine einsame Expedition an den Strand, um einen Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang zu beobachten, einen Abstecher in eine fremde Kirche, um Gospelmusik zu hören (. )all das könnte Ihr Künstler genießen. Oder es könnte sein, dass Ihr Künstler gerne kegeln geht. (.) Lernen Sie vor allem, dem zuzuhören, was Ihr Künstlerkind über diese gemeinsamen verbrachten Ausflüge zu sagen hat. Zum Beispiel könnte Ihr Künstler ausrufen: “ Oh, ich hasse dieses ernsthafte Zeug,“, wenn Sie darauf bestehen, ihn zu Erwachsenenplätzen mitzunehmen, die kulturell erbaulich und gut für ihn sind.“ (2)

Es kommt bei Ihrem Künstlertreff nicht darauf an, wie kulturell hoch stehend und erbaulich die Unternehmungen sind, es kommt auf die Qualität des Kontakts an.

Ray Bradbury empfiehlt als Musennahrung das tägliche Lesen eines Gedichtes. Auch Essays und Bücher, die den Sinn für Farben, Formen, Maße und die menschlichen Sinne wie Gehör- und Geruchssinn schärfen, sind für Bradbury feinste Musennahrung.

Ob Kegeln oder Poesie – welche Nahrung für Ihre Muse die beste ist, kann Ihnen niemand sagen. Schließlich ist es Ihr eigenes Unbewusstes, dass nach Nahrung verlangt, und das keinem anderen gleicht. „Die Ernährung der Muse, . ist in meinen Augen also die ständige Suche nach dem, was man liebt“, meint Ray Bradbury (3). Finden Sie heraus, was Ihre Muse stärkt und nährt, finden Sie heraus, was Sie lieben. Denn wie der Psychoanalytiker C.G. Jung sagt: „Neues entsteht nicht durch den Intellekt, sondern durch den Spielinstinkt, der aus innerer Notwendigkeit agiert. Der kreative Geist spielt mit den Objekten, die er liebt.“

(1+3) Ray Bradbury: Zen in der Kunst des Schreibens, Berlin, Autorenhaus Verlag, 2003
Quelle: Fernlehrgang „Kreatives Schreiben“, Hamburger Akademie für Fernstudien, Lehrheft 12, Seite 31
(2) Julia Cameron: Der Weg des Künstlers, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München 2000, S. 47 ff

 

Schreiben

Sie möchten schreiben? Ob Roman, Kurzgeschichte, Krimi, Sachbuch, journalistische Artikel oder Ihre Autobiografie – schreiben lernt man nur durch Schreiben. Hier finden Sie Antworten auf Fragen rund ums kreative Schreiben und das Thema Kreativität.

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